1892 Meran, Südtirol - 1992 Berlin
"Was mir nach immer häufigerem Studieren nun immer stärker auffällt: die Gemütlichkeit, mit der der Organismus vorgeht und eigentlich unaufhörlich ‘aufräumen’ möchte, wenn er Zeit und Gelegenheit dazu fände."
(aus einem Brief Elfriede Hengstenbergs an Elsa Gindler in: Erinnerungen an Elsa Gindler)
Als ausgebildete und erfahrene Gymnastiklehrerin kam Elfriede Hengstenberg 1917 zur Arbeit Elsa Gindlers und Anfang der zwanziger Jahre zu Heinrich Jacoby. Sie gehörte zu Gindlers engstem Freundeskreis. "Der Aufforderung zur nachträglichen Entfaltung durch immer wieder neues Ausprobieren sinnvollen Verhaltens im Alltag hat sich Elfriede Hengstenberg ihr Leben lang gestellt. Die Arbeitsweise Gindlers und Jacobys auf die Arbeit mit Kindern zu übertragen und ihren Bedürfnissen entsprechend zu entwickeln, war das Anliegen ihres Lebens." (Ute Strub in: Elfriede Hengstenberg, Entfaltungen – Bilder und Schilderungen aus meiner Arbeit mit Kindern). Ihre Arbeit mit den Kindern dokumentierte sie mit Bildern und Notizen, die von erstaunlicher Aktualität sind.
"Das Hasten - fast schon ein Zeichen unserer Zeit - beginnt für viele Kinder gleich frühmorgens. Der Bus geht, und die Eltern treiben sie an, sie sollen sich beeilen. Widerstrebend gehorchen sie. Diese Art der Eile gegen inneren Widerstand nimmt ihnen den Atem. Dabei braucht schnelle und flinke Bewegung keinen Verlust an Lebendigkeit zu bedeuten. Wer aus Freude zur Schule läuft, kommt nicht abgehetzt an."
(Elfriede Hengstenberg, Entfaltungen - Bilder und Schilderungen aus meiner Arbeit mit Kindern)
"1935 und 1936 hält Elfriede Hengstenberg auf Einladung Emmi Piklers Sommerkurse für Erwachsene in Budapest. Aus einem Brief an eine Teilnehmerin [...]:
"[...] Wie eindeutig konnten Sie an jenem Tag erleben, daß es - dort, wo es uns wirklich gelingt, den Wünschen des Organismus zu gehorchen, zu völlig unerwarteten Entdeckungen kommt und zu vollständig neuen, bisher ungeahnten Erlebnissen! -Denn was geschah damals alles? [...] Jedem etwas anderes - aber allen etwas sehr Zentrales und das Entscheidende: Sie konnten spüren, wie unter ganz bestimmten Voraussetzungen Leben eintreten kann. Es kommt von selbst und will von selbst geschehen, ohne Zwang, ohne Forderung - ein befreiendes Aufatmen. In unserem sogenannten 'Leben' tun wir aber offensichtlich alles, um die Auswirkung unserer Energien und Regenerationsmöglichkeiten zu verhindern!"
(Anna Czimmek, Emmi Pikler - Eine ungewöhnliche Kinderärztin)